Der ganz normale Wahnsinn

Es gibt da diese Tage. Diese ganz speziellen Tage, die man nie so geplant hat, die aber doch so passieren.

Da steht man um 6 Uhr auf, frühstückt kurz und fährt schnell zum Haus. Denn man möchte einen Bautrockner ins Auto laden, um ihn direkt zur Öffnung des Vermieters zurückzubringen.
Gewiss, der Beratungstermin für die Außenanlagen um 7:30 Uhr ist eng getaktet. Aber für so eine Besprechung braucht es seine Zeit und man will ja auch pünktlich zur Arbeit fahren können.

Zum Glück helfen die freundlichen Maler, die schon bei der Arbeit sind und die Fassade dämmen, beim Verladen des schweren Trumms.
Mit einem einzelnen Spanngurt professionell abgesichert, fährt man dann die zum Glück nur kurze Strecke und lädt den Bautrockner beim Baustoffhändler ab. Dann wieder schnell ins Auto gesprungen und ab nach Hause, die Kleidung wechseln. Man will ja nicht nur pünktlich bei der Arbeit sein sondern auch ordentlich angezogen. Zumindest mal nicht in kurzen Hosen und im Baustellen-Shirt dort erscheinen.

So schafft man es pünktlich zum Beratungstermin, begrüßt die Maler ein zweites Mal und stürzt sich ins Gespräch über Beton- und Natursteine, Blockstufen und Belage, Isolierungen und Dämmungen. Es dräut ein weiteres Mal: der Preis wird üppig sein.

In Gedanken bereitet man sich schon auf die Abfahrt vor, da nähert sich der nächste Transporter auf der Straße. Nun gut, noch ist Platz zwischen Malerauto, Beraterkutsche und dem eigenen Gefährt.
Reumütig kramt das Gedächntis hervor, ach ja, die Schreiner kommen und bringen weitere Details des Hauses. Türdrücker sind es heute und eine Glasscheibe, die montiert werden will.

Schnell begrüßt und kurz besprochen wendet man sich alsbald wieder dem Thema des Morgens, der Außentreppe zu, und wird in Gedankengängen zu Auftrittfläche und Stufenzahl jäh unterbrochen von einem Mann, der wild mit runden Regenfallrohren rudert. Er möchte sich versorgt wissen mit den Angaben, wie lang diese ausgeführt werden sollen. Sie dürfen nicht in den Erdboden gesteckt werden, er müsse wissen, wie hoch das Erdniveau später sein werde.
Da durchzuckt den gepeinigten Geist der Wunsch nach einer Glaskugel, doch unser Mann hier ist ein Mann der Tat. Er werde die Rohre länger lassen als nötig und in die Anschlussrohre stecken. So könne man diese später kürzen und auf die richtige Länge anpassen.

Der Koordinierungsreflex zeigt kurze Lebenszeichen und macht Fassadendämmer mit Regenfallrohrmonteur bekannt, nicht dass letztere gerade da montiert, wo erstere noch verputzen wollen. Aber auch das ist schnell geschafft.

Der nun langsam ungeduldige Geist meldet sich, es werde Zeit zur Arbeit aufzubrechen. Höchste Zeit flüstert er zu.

Aber noch ist vorher der Treppenberater zu befragen. Wann er wohl das Angebot schreiben werde, ist noch zu erfahren. Je nun, erwidert dieser, er werde morgen mit einem Ingenieur herbeieilen um die Gegebenheiten zu vermessen und zu erfassen.
Eiderdaus, fragt sich leise wimmern das Bauherrenhirn, wieso tue er das nicht jetzt, wo er doch das neumodische Laserentfernungsmessgerät in seinen Fingern trage.

Justamente senden die Augen verzweifelte Signale, ein weiterer Transporter hat sich angeschlichen. Ob des fehlenden Platzes wird kurzerhand die Straße zugeparkt. Nur gut, dass hier so wenig Autos fahren und unsere Nachbarn so viel Verständnis haben.
Nach kurzer Versicherung – ja, unten ist die Türe auf – schleicht sich alsbald der Elektriker ums Haus herum, wohlbepackt mit großer Kiste. Richtig, stimmt ja, der Netzwerkschrank wird heut montiert.

Nur gut, dass man dafür schon alles besprochen hat und sich verlassen kann auf tüchtige Leute. Der Abend wird die Resultate zeigen.

Nun drängt die Zeit wirklich sehr, der Berater wird noch schnell verabschiedet. Ende nächster Woche habe er das Angebot fertig. Verwundert nimmt man dies zur Kenntniss und bemerkt noch, dass er im wahrhaft edlen Gefährt angereist ist. Nun, das verspricht kein günstiges Angebot zu werden und so sortiert man ihn gedanklich doch recht schnell an das Ende der eigenen Liste.

Jetzt aber auf! Das Gehirn zermartert sich, von vielen Gedanken beschäftigt, während der automatisch ausgeführten Lenkbewegungen. Mit der Ehefrau neben sich bespricht man das just Gesehene und überlegt das bald zu Geschehende.

Die ganze Welt wird kurzerhand rekrutiert um herzuhalten als Ausstellungshalle. Links und rechts fliegen die Häuser vorbei, jedes wird kritisch beäugt, wie denn dort die Treppen gebaut worden sind.

Und so fährt man an diesen Tagen, diesen ganz speziellen Tagen zur Arbeit und hat doch das Gefühl das Tagwerk bereits vollbracht und den Feierabend verdient zu haben.

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3 Antworten zu Der ganz normale Wahnsinn

  1. dieweisse18 sagt:

    Großartig geschrieben! Mit dem Schreibstil und der amüsanten Geschichte hast du mich heute Abend noch zum Schmunzeln gebracht. Da freut man sich doch ganz besonders auf die Zeit auf der Baustelle.

    • Christoph sagt:

      Hehe, genau das hatte ich damit bezwecken wollen. 😉
      Es freut mich, dass es dir gefallen hat. Ihr werdet sicher bald ganz ähnliches zu berichten wissen!

      viele Grüße
      Christoph

  2. Pingback: Vera & Christophs Baublog » Der ziemlich verrückte Wahnsinn

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